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Grenzen in Regenbogenfarben

Lou, 26 Jahre

Sexuelle Grenzverletzungen treffen häufig Minderheiten – darunter auch die LGBT+ Community. Wie gehen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie für Menschen mit sexuellen Orientierungen oder geschlechtlichen Identitäten, die sich mit diesen Bezeichnungen nur unzureichend identifizieren können mit den Grenzverletzungen um, mit denen sie konfrontiert werden? Wie könnten wir diese in Zukunft sogar verhindern?

Stell dir vor, du gehst mit ein paar Freunden ins Kino und ein paar Reihen vor euch sitzt ein gleichgeschlechtliches Paar. Als die beiden sich während des Films unauffällig küssen, werden sie plötzlich von ein paar anderen Kinogästen dafür ausgebuht und mit Popcorn beworfen. Die beiden fühlen sich so bloßgestellt, dass sie noch vor Ende des Films den Kinosaal verlassen, um weiteren sexuellen Grenzverletzungen aus dem Weg zu gehen.

Solche Situationen kommen leider täglich vor und betreffen vor allem Minderheiten. Eine davon ist die LGBT+ Community, die seit ein paar Jahren immer mehr Anerkennung gewinnt und weiterhin für ihre Rechte kämpft.

Was steckt hinter dem Begriff LGBT+?

LGBT bedeutet „Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender“, das Plus steht für weitere Spielarten von sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten gemeint, die von der Norm abweichen. Das bedeutet, dass sie nicht Teil der heterosexuellen Mehrheit sind, die in dem Fall als Norm bezeichnet wird. Außerdem sind sie nicht an das binäre („zweiteilige“) Modell des männlichen und weiblichen Geschlechts gebunden. Unter den Begriff LGBT+ fallen beispielsweise:

  • Homosexualität (Lesben, Schwule),
  • Bisexualität (sexuelles Interesse an Männern und Frauen),
  • Transgender (die Geschlechtsidentität, also das „gefühlte“ Geschlecht, stimmt nicht mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen überein)

Grundsätzlich wird also zwischen der geschlechtlichen Identität (also welchem Geschlecht man sich selbst zuordnet) und der sexuellen Orientierung (zu welchem Geschlecht man sich hingezogen fühlt) unterschieden. Zur geschlechtlichen Identität zählen männlich, weiblich und Intersex (keine eindeutige Zuordnung)

Unsere sexuelle Orientierung hat natürlich auch Einfluss auf unsere Grenzen, da sie bestimmt, zu wem wir uns überhaupt hingezogen fühlen. Ob das nun dasselbe Geschlecht ist, dem man sich auch zuordnet (= homosexuell), das jeweils andere biologische Geschlecht (= heterosexuell) oder beide Geschlechter (= bisexuell). Darüber hinaus gibt es zum Beispiel noch Asexualtität, also die Abwesenheit jeglichen sexuellen Verlangens, sowie Pansexualität, wobei man sich vor allem vom Charakter einer Person (unabhängig vom Geschlecht) auch sexuell hingezogen fühlt. Die Regenbogenflagge ist ein Hauptsymbol der LGBT+ Community. Wenn ihr genaueres zu diesem Thema wissen wollt, könnt ihr das hier nachlesen.

Sexuelle Grenzverletzungen in der LGBT+ Community

Leider sind Mitglieder dieser Community häufiger von sexuellen Grenzverletzungen betroffen. So werden beispielsweise Trans* (Geschlechtsidentität weicht vom biologischen Geschlecht ab) und intergeschlechtliche („geschlechtlich uneindeutige“ körperliche Merkmale die angeboren sein können) sowie homosexuelle Männer überdurchschnittlich oft sexuell belästigt. Das Unwissen, Unverständnis und die sexuelle Gewalt, denen transsexuelle Jugendliche oft begegnen, erhöhen das Selbstmordrisiko erheblich.

Die Diskriminierung von LGBT+ Jugendlichen findet sowohl in der Schule, als auch in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz statt. Die Formen der Diskriminierung reichen dabei von Beschimpfungen (55%) über Ausgrenzung und Outing gegen den eigenen Willen (34 bzw. 26%) bis hin zu Zerstörung von Eigentum und körperlicher Gewalt (12 bzw. 10%). In der Öffentlichkeit, wie zum Beispiel im Club oder im Schwimmbad, gehen diese sexuellen Grenzverletzungen hauptsächlich von fremden Personen aus (Coming Out Studie des Deutschen Jugendinstituts von 2017).

Wie gehen die Jugendlichen der LGBT+ Community damit um?

Jeder Mensch geht natürlich anders mit einer sexuellen Grenzverletzung um. Die Jugendlichen der LGBT+ Community verwenden dazu jedoch laut Coming Out Studie zwei Strategien besonders häufig:

Die Betroffenen gehen allen Situationen, die zu negativen Erfahrungen führen könnten, aus dem Weg. Das führt dann beispielsweise dazu, dass sich diese Jugendlichen nicht mehr abends mit ihren Freunden in den Club trauen oder das Schwimmbad meiden. Dabei handelt es sich um einen Schutzmechanismus, der in Extremfällen auch schnell zur Isolation führen kann. Die Jugendlichen behalten ihre sexuellen Erfahrungen auch eher für sich, was den Leidensdruck umso größer macht.

Bei der zweiten Strategie geht es um die Deutung der Grenzverletzungen. So können die Erlebnisse zum Beispiel relativiert („Es hätte viel schlimmer sein können!“) oder idealisiert („Ich habe wirklich noch Glück gehabt“) werden. Ganz gleich welche der beiden Strategien gewählt wird, die betroffene Person spielt damit ihre eigenen Gefühle herunter, obwohl gerade in solchen Momenten viel Verständnis und Mitgefühl – von anderen, aber auch gegenüber sich selbst – notwendig ist.

Was können wir dagegen tun?

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern ist Deutschland sehr bemüht, die Situation für die LGBT+ Community zu verbessern. So setzt sich die Bundesregierung zum Beispiel nicht nur gegen die Diskriminierung von und Gewalt gegenüber LGBT+ Personen ein, sondern setzt sich auch für die Umsetzung von gleichen Rechten für alle ein. Vor allem Aufklärung über die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist wichtig, sodass die Vorurteile und daraus resultierenden Diskriminierungen verhindert werden können. Dies ist zum Beispiel durch eine geschlechtersensible Sprache, entsprechende Unterrichtsmaterialien und Aufklärungsprojekte möglich.

Aber die Regierung kann’s nicht alleine richten. Um Diskriminierung auf der Basis von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität effektiv zu verhindern, ist es natürlich auch wichtig, dass wir alle verstehen was damit überhaupt gemeint ist. Jeder Mensch hat das Recht, über seine eigene Identität zu bestimmen und nach seiner sexuellen Orientierung zu leben. Anstatt jemanden dafür zu verurteilen, können wir es auch als Chance sehen, um etwas über andere Lebensweisen zu erfahren. Mit einer offenen und neugierigen Haltung geht es uns allen sehr viel besser.

Und wenn ihr selbst zur LGBT+ Community gehört: Vergesst niemals, dass ihr nicht alleine seid und wie wichtig es ist, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Denn nur so können wir alle etwas daraus lernen und einer sexuell-gewaltfreien Zukunft entgegenblicken.

 

Falls du oder jemand aus der LGBT+ Community, den du kennst, von einer sexuellen Grenzverletzung betroffen ist oder war, findet ihr auf der Seite vom Weißer Ring einige Informationen sowie Beratungsangebote per Telefon und per E-Mail. Zusätzlich dazu gibt es noch viele lokale Beratungsstellen, an die ihr euch für Unterstützung wenden könnt (z.B. die Trans*Inter*Beratungsstelle in München oder die Rosa Strippe in Bochum).

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Gesetzeslage

Jenny, 30 Jahre

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Leitfaden für Betroffene

Carolina, 28 Jahre

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Kennst du die Grenzen?

Mach den Test!

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Sexting, Online-Mobbing, Grabschen auf dem Konzert oder im Bus, „Mutproben“ in der Umkleide – sexuelle Grenzverletzungen körperlicher und nicht körperlicher Form sind ein ernstzunehmendes und weit verbreitetes Problem. Auch unter Jugendlichen. Was meinst du, wie groß ist die Zahl der Betroffenen?

Quelle: pexels: Quenani Leal
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: b) 52% der 14- bis 16-Jährigen, dabei deutlich mehr Mädchen. Betroffen sind insgsamt 52%, in der Mehrzahl Mädchen. Fast ein Drittel der Mädchen musste sogar schon Erfahrungen mit körperlichen Grenzverletzungen machen. Wenn du mehr Daten und Fakten zum Thema suchst, schau mal hier.

Wenn Jugendliche von sexueller Gewalt betroffen sind, stammen die Täter meist aus ungefähr der gleichen Altersgruppe. Forscher haben herausgefunden, dass ein beachtlicher Teil der 14- bis 16-Jährigen selbst schon einmal körperliche oder nichtkörperliche Gewalt ausgeübt haben. Wie viele waren es?

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Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: a) 28%, die meisten Täter sind männlich. 28% der 14- bis 16-Jährigen haben selbst schon sexuelle Gewalt ausgeübt. Und übrigens: Von allen 2019 angezeigten Sexualdelikten wurden fast ein Drittel von meist männlichen Tätern unter 21 Jahren begangen.

Unerwünschte sexuelle Berührungen, Nötigungen und Vergewaltigung – hierbei ist klar: Diese Formen von körperlicher sexueller Gewalt sind eindeutig strafbar. Komplizierter wird es bei nicht körperlicher sexueller Gewalt. Welche der folgenden Handlungen sind aber ebenfalls strafbar?

Quelle: pexels: Dainis Graveris
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: a) ungefragte Weiterleitung von Sexting-Inhalte und Exhibitionismus. Exhibitionismus, also das öffentliche Entblößen der Geschlechtsteile, und ungefragtes Rumschicken von Sexting-Inhalten sind strafbar. Aber: Sexting ist nicht prinzipiell ein Verbrechen. Wenn du mehr darüber wissen willst, schau mal hier.

Wenn es zu sexueller Gewalt kommt, kennen sich Täter und (jugendliche) Betroffene meist. Wer steht in Sachen körperliche sexuelle Gewalt bei diesen „Bekannten“ ganz oben auf der Täterliste?

Quelle: pexels: Kaique Rocha
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: b) der Partner. Traurig, aber wahr, es ist der Partner. Nur in rund einem Drittel aller körperlichen Fälle kennen sich Täter und Opfer nicht.

Stell dir vor, du bist in einer etwas unklaren Situation, fühlst dich aber tendenziell sexuell belästigt. Was tust du als erstes!

Quelle: pexels: Linda Ellershein
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: c) Sag es! Täter*innen sollten wissen, dass ihre Handlung nicht einfach hingenommen werden. Du sagst es, sonst ändert sich nie was! Was als sexuell übergriffig empfunden wird, ist für jede*n Betroffene*n anders. Was deine Grenze ist, soll auch der Täter wissen.

Ein Großteil der von sexueller Belästigung Betroffenen würde sich wünschen, dass jemand eingegriffen hätte. Wie viele Zeug*innen solch einer Situation schreiten wirklich ein?

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Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: b) 11%. Nicht schön: Gerade mal 11% der Zeugen schreiten ein!

Was ist der Hauptgrund dafür, dass so wenige Zeug*innen eingreifen?

Quelle: pexels: Kat Jayne
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: c) Sie glauben, dass ihnen das nötige Training fehlt. Das Bewusstsein scheint immerhin da zu sein, aber 86% der Zeug*innen glauben laut eigenen Angaben, dass ihnen das nötige Training fehlt. Was du tun kannst, wenn du Zeug*in einer Grenzverletzung wirst, erfährst du hier.

Stell dir vor, du wirst Zeuge einer sexuellen Belästigung. Krasse Gewalt ist erst mal nicht im Spiel, du traust dich aber trotzdem nicht, den* die* Täter*in anzusprechen. Was kannst du z.B. dennoch tun?

Quelle: pexels: Cottonbro
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: b) Du sorgst für Ablenkung, indem du z.B. nach der Uhrzeit fragst, dich in den Weg stellst oder Unruhe verursachst. Du kannst immer etwas tun, und wenn du nur dafür sorgst, das der Täter sich gestört fühlt! Man nennt es Zivilcourage!

Stell dir vor, ein*e Freund*in von dir hat einen sexuellen Übergriff erlebt – was kannst du als erstes tun?

Quelle: pexels: Lalesh Aldarwish
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: b) Du gibts der betroffenen Person zu verstehen, dass du für sie da bist und ihr zuhörst, wenn sie darüber reden will. Du solltest niemals etwas ungefragt und gegen den Willen der Betroffenen tun. Wenn du erst mal für sie da bist, ist das die Hauptsache. Was du sonst noch tun kannst, erfähst du hier.

Und zum Schluss: Dickpics! Du bekommst von irgendwem ungefragt Schwanzbilder geschickt – tut zwar nicht körperlich weh, ist aber eklig. Was kannst du tun?

Quelle: pexels: Lalesh Aldarwish
Richtig! Falsch!

Die richtige Antwort lautet: c) Du kannst es bei der Polizei anzeigen, ist strafbar als Verbreitung pornografischer Inhalte nach §184 StGB. Ja, das gilt als Verbreitung pornografischer Inhalte, wenn es gegen deinen Willen geschieht, und somit als Straftat. Aus genau dem Grund ist es auch keine gute Idee, die Bilder weiterzuverbreiten. Und vielleicht würde das der Täter sogar noch cool finden.

Quiz: Grenzverletzungen
Du hast den Durchblick!
Wenn es um sexuelle Grenzverletzungen geht, hast du ein sehr gutes Gespür dafür, was okay ist und was nicht. Du bist informiert und ziemlich sattelfest im Umgang mit dem Thema. Hilf uns, damit noch mehr sensibilisiert werden und wissen, was sie tun können, wenn sie Grenzüberschreitungen erleben oder beobachten! Schick dazu zum Beispiel einfach dieses Quiz weiter.
Du bist aufmerksam!
Du weißt schon gut Bescheid, wenn es um sexuelle Grenzverletzungen geht. Auf diesem Blog findest du Blogbeiträge, interaktive Infostories und Videos, die dir dabei helfen, sattelfest im Thema zu werden. Teile sie auch mit Freund*innen, um mehr Menschen darauf aufmerksam zu machen.
Der Anfang ist gemacht!
Du hast einen wichtigen ersten Schritt gemacht, indem du dich durch dieses Quiz mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Auf dem Blog findest du außerdem interessante Artikel und interaktive Infostories, die dir helfen, noch besser zu verstehen, was wir gemeinsam gegen sexuelle Grenzverletzungen tun können.

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